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Kulturelle Aneigung in der freien Ritualarbeit

Autorenbild: Bettina BaumgartnerBettina Baumgartner

Aktualisiert: 23. Dez. 2024

Gedanken von Bettina Baumgartner Ritualfachfrau und Angela Gurtner, Sozioligin und Ritualfachfrau aus der Sicht der Fachschule für Rituale und des Ritualverband Schweiz.


Rückbesinnung auf kulturelle Wurzeln

Die Wiederentdeckung und Würdigung unserer eigenen uralten Wurzeln ist ein wichtiger Schritt zur Heilung und Verbindung in unserer modernen Welt. Die europäische Ur-Kultur, oft als Alt-Europa bezeichnet, birgt tiefe Weisheiten, die lange Zeit vergessen oder unterdrückt wurden. Diese frühen Zivilisationen, die sich entlang der Donau und ihrer Nebenflüsse im Südosten Europas entwickelten, zeigten bereits vor über 7000 Jahren bemerkenswerte kulturelle und technologische Fortschritte.


Als eine moderne Praxis beschränkt sich die freie Ritualarbeit in Europa nicht auf das uralte Wissen aus der eigenen europäischen Kultur. Es ist eine Errungenschaft unserer globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts, dass Weisheitstraditionen nicht mehr als Geheimwissen gehandelt werden, sondern wir leicht Zugang finden zu den Weisheitslehren und dem Wissen um Rituale und rituelle Praktiken auch anderer, fremder Kulturen. Während unser Zugang gewährleistet ist, gilt für unseren Umgang damit kein anything goes – dabei liefern neben anderen Grundsätzen auch die Diskussionen rund um das Konzept der kulturellen Aneignung wichtige Impulse.  


Freie Rituale als eigenständige Praxis jenseits kultureller Nachahmung

In der Praxis der freien Rituale, die von alten Traditionen inspiriert sind, geht es nicht um eine blosse Nachahmung, sondern um eine tiefgreifende Verbindung mit unseren Wurzeln und dem kollektiven Bewusstsein. Dabei bezieht sich die freie Ritualarbeit, wie wir sie verstehen, auf die den Ritualen innenwohnenden Gesetze und Grundstrukturen, die oftmals transkulturell und über verschiedene historische Epochen hinweg Gültigkeit haben und von Ethnologen und Ritualwissenschaftlern vielfältig erforscht sind. In Kenntnis dieser universellen Funktionsweisen von Ritualen können diese zeitgemässe und persönlich interpretiert und mit entsprechender Symbolik ausgestattet werden.

 

Diese Rituale dienen als Werkzeuge, um:

  • Die Weisheit der Vorfahren zu ehren und wiederzubeleben

  • Eine Verbindung zum Ursprünglichen herzustellen

  • Für das Wohl aller Wesen zu wirken

  • Die globale Trennung zu überwinden und Einheit zu fördern


Wir sehen die Rituale jenseits von kultureller Aneignung. Die Diskussion um kulturelle Aneignung ist wichtig, doch der Ansatz der Ritualarbeit geht darüber hinaus. Professionelle freie Ritualarbeit distanziert sich von Praktiken der kulturellen Aneignung insofern, als dass es sich nie um Show, plumpe Nachahmung oder Folklore handelt. Unsere Arbeit erfordert ein tiefes Durchdringen und Durchfühlen dessen, was einer bestimmten kulturellen Praxis zugrunde liegt. Es geht nicht um den äusseren Schein, sondern um die eigene innere Erfahrung, die hernach für andere erlebbar gemacht werden kann. Es geht darum, eine universelle Verbundenheit zu erkennen und zu leben. In diesem Verständnis sind wir Alle Teil eines grösseren Ganzen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder anderen Unterschieden.

 

Rituale als Mittel, um universelle Verbundenheit zu erfahren

Letztendlich ist die Erde selbst unsere älteste und weiseste Lehrerin. Alle Kulturen und Traditionen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, haben ihre Wurzeln in dieser gemeinsamen Quelle. Indem wir uns auf diese fundamentale Verbindung besinnen, können wir:


  • Über Trennungen und Bewertungen hinauswachsen

  • Als Verbündete mit den Kräften der Natur und alten Kulturen handeln

  • Uns an uralte Weisheiten erinnern und sie in die Gegenwart integrieren


In dieser erweiterten Perspektive werden Rituale zu kraftvollen Werkzeugen der Transformation, die uns helfen, die Einheit in der Vielfalt zu erkennen und zu leben. Sie ermöglichen es uns, aus dem Ursprünglichen heraus zu wirken und so eine Brücke zu schlagen: nicht nur zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sondern auch zwischen eigener und fremder kultureller Praxis und gelebter Spiritualität.

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